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Wissen & FAQ - 01.07.2025
Toleranzen im 3D-Druck: Was ist machbar?

Toleranzen im 3D-Druck: Was ist machbar?

Präzision im additiven Fertigungsprozess

Präzision und Maßhaltigkeit sind entscheidende Erfolgsfaktoren – besonders bei technischen Bauteilen, die in komplexen Baugruppen eingesetzt werden oder spezifische Leistungsanforderungen erfüllen müssen.

Doch wie genau kann ein 3D-Druck überhaupt sein?
Die Antwort darauf ist vielschichtig: Die erreichbaren Toleranzen hängen stark vom Fertigungsverfahren, dem Material und den gewählten Prozessparametern ab.

In diesem Beitrag erfahren Sie:

  • Wie Toleranzen im additiven Fertigungsprozess definiert werden

  • Welche Einflussfaktoren entscheidend für die Maßhaltigkeit sind

  • Wie verschiedene 3D-Druckverfahren im Vergleich abschneiden

  • Welche Maßnahmen Sie ergreifen können, um die Funktionalität Ihrer Bauteile gezielt sicherzustellen

Unsere Übersicht hilft Ihnen dabei, die technischen Möglichkeiten realistisch einzuschätzen und Ihre Konstruktion und Fertigung optimal auszurichten.

Einflussfaktoren und Optimierungsstrategien für präzise 3D-Drucke


Typische
Genauigkeiten nach Verfahren: Ein Überblick

Die erreichbare Präzision im 3D-Druck wird maßgeblich durch das zugrunde liegende Fertigungsverfahren bestimmt. Die hier angegebenen Werte sind typische Richtwerte und können je nach Maschinentyp, Material und Prozessführung variieren.

 


FDM (Fused Deposition Modeling) / FFF (Fused Filament Fabrication)

Typische Genauigkeit:
±0,2 mm bis ±0,5 mm für kleinere Abmessungen (bis ca. 100 mm), darüber hinaus oft 0,2 % der Abmessung.

Erläuterung:
Die Genauigkeit hängt stark von Parametern wie Schichthöhe, Düsendurchmesser, Extrusionstemperatur, Kühlung und Kalibrierung der Achsen ab. Größere Bauteile neigen aufgrund thermischer Spannungen und ungleichmäßiger Abkühlung zu Verzug (Warping). Auch die Anisotropie (unterschiedliche Eigenschaften in X/Y- und Z-Richtung) spielt eine Rolle.

Anwendungen:
Funktionsprototypen, Anschauungsmodelle, Werkzeuge, Vorrichtungen, einfache Endanwendungen.


 

SLA (Stereolithographie) / DLP (Digital Light Processing)

Typische Genauigkeit:
±0,05 mm bis ±0,1 mm bei kleinen Abmessungen, darüber hinaus etwa 0,05 % der Abmessung.

Erläuterung:
Diese Verfahren arbeiten mit UV-Licht zur Aushärtung von Photopolymeren. Die hohe Präzision ergibt sich durch punktuelle (SLA) oder flächige (DLP) Belichtung. Faktoren wie Optikgenauigkeit, Harzviskosität, Belichtungszeit und Schrumpfverhalten beim Aushärten beeinflussen das Ergebnis.

Anwendungen:
Hochdetaillierte Prototypen, Gussformen, Dental- und Schmuckmodelle, medizinische und optische Bauteile.

 


SLS (Selective Laser Sintering)

Typische Genauigkeit:
±0,2 mm bis ±0,3 mm für kleine Abmessungen, darüber hinaus etwa 0,2 % der Abmessung.

Erläuterung:
Kunststoffpulver wird mithilfe eines Lasers verschmolzen. Die Genauigkeit hängt ab von der Laserstrahlgröße, Schichthöhe, Temperaturführung im Bauraum und dem Schrumpfverhalten des Pulvers. Da keine Stützstrukturen nötig sind, entfallen mögliche Fehlerquellen durch deren Entfernung.

Anwendungen:
Funktionale Prototypen, komplexe Gitterstrukturen, Kleinserien, belastbare Endbauteile, Ersatzteile.

 


SLM (Selective Laser Melting) / DMLS (Direct Metal Laser Sintering)

Typische Genauigkeit:
±0,05 mm bis ±0,1 mm bei kleineren Bauteilen, darüber hinaus etwa 0,1 % der Abmessung.

Erläuterung:
Metallpulver wird vollständig aufgeschmolzen. Entscheidend sind Faktoren wie Laserleistung, Scangeschwindigkeit, Pulverqualität, Inertgasatmosphäre und thermische Spannungen. Eine Nachbearbeitung (z. B. Wärmebehandlung) ist meist notwendig, um Maßhaltigkeit und Materialeigenschaften zu stabilisieren.

Anwendungen:
Hochleistungsbauteile für Luft- und Raumfahrt, Medizintechnik, Automobilindustrie, Werkzeugbau.

 


Einflussfaktoren auf die Maßhaltigkeit: Eine detaillierte Betrachtung

Die Maßhaltigkeit eines 3D-Druckteils ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels verschiedener Faktoren:

 



Bauteilgeometrie und Orientierung

  • Dünne Wände, Überhänge, filigrane Strukturen: Besonders anfällig für Verzug und Deformation.

  • Ausrichtung im Bauraum: Beeinflusst Stützstrukturbedarf, thermische Verteilung, Oberflächengüte und Anisotropie.

  • Hohlräume und geschlossene Volumina: Können Druckfehler verursachen, wenn kein Druckausgleich möglich ist.



Druckparameter

  • Schichthöhe: Feinere Schichten erhöhen Auflösung, verlängern aber die Druckzeit.

  • Infill: Dichte und Muster beeinflussen Steifigkeit und Schrumpfverhalten.

  • Temperaturen: Extruder-, Bauplatten- und Bauraumtemperaturen müssen abgestimmt sein.

  • Geschwindigkeit: Zu hohe Werte können zu Maßabweichungen führen.

  • Kühlung: Zu starke oder zu schwache Kühlung kann Verzug und Delamination verursachen.



Materialeigenschaften

  • Schrumpfverhalten: Materialabhängig, muss im Slicer oder CAD kompensiert werden.

  • Verzugsneigung: Besonders kritisch bei Materialien wie ABS oder Nylon.

  • Feuchtigkeitsaufnahme: Vor allem bei hygroskopischen Materialien wie Nylon relevant.

  • Nachbearbeitungseinflüsse: Wärmebehandlung, Nachhärtung oder Schleifen können Maße verändern.


 

Maschine und Wartung

  • Kalibrierung: Genau eingestellte Achsen und Extruder sind essenziell.

  • Maschinenbauqualität: Industriemaschinen bieten höhere Steifigkeit und Präzision.

  • Düsenzustand: Verschleiß oder Verstopfung kann die Druckqualität stark beeinträchtigen.

  • Software & Firmware: Aktuelle, gut konfigurierte Systeme verbessern Prozesskontrolle.

  • Umgebungsbedingungen: Schwankende Temperaturen oder Luftfeuchte wirken sich auf Druckqualität aus.

 


Maßnahmen zur Optimierung der Maßhaltigkeit

Um maximale Präzision im 3D-Druck zu erreichen, helfen folgende Strategien:

 

Simulation und Testdrucke

  • FEA (Finite-Elemente-Analyse): Simulation möglicher Spannungen oder Verformungen.

  • Testdrucke: Zur Validierung kritischer Geometrien und Ermittlung des Schrumpffaktors.

  • SPC (Statistische Prozesskontrolle): Besonders bei Serienfertigung zur Früherkennung von Abweichungen.



Konstruktion mit Toleranzausgleich (DfAM)

  • Spielmaße: Passende Toleranzen je nach Verfahren berücksichtigen (z. B. 0,1–0,3 mm).

  • Verzugsminimierung: Gleichmäßige Wandstärken, keine großflächigen flachen Strukturen.

  • Optimierte Orientierung: Reduzierung von Stützstrukturen, Verbesserung von Genauigkeit und Oberfläche.



Nachbearbeitung (Post-Processing)

  • Mechanische Bearbeitung: Fräsen, Bohren oder Schleifen für hochpräzise Endmaße.

  • Oberflächenbehandlungen: Chemisches Glätten, Polieren oder Schleifen verbessern indirekt die Maßhaltigkeit.

  • Wärmebehandlung: Besonders bei Metallen zur Reduktion innerer Spannungen und Maßstabilisierung.



Qualitätskontrolle und Messtechnik

  • Koordinatenmessmaschinen (KMM): Für präzise Messungen komplexer Bauteile.

  • Optische Systeme / 3D-Scanner: Berührungslose Messung und Abgleich mit CAD-Modellen.

  • Klassische Lehren und Messmittel: Für einfache, wiederholbare Geometriekontrollen.



Fazit: Präzision durch Verständnis und Expertise

3D-Druck kann sehr präzise sein – vorausgesetzt, man versteht die verfahrensspezifischen Eigenschaften, Materialverhalten und Einflussfaktoren auf die Maßhaltigkeit. Für hochpräzise Bauteile ist neben der richtigen Technologie vor allem die Kombination aus durchdachter Konstruktion (DfAM), Prozesssicherheit und ggf. professioneller Nachbearbeitung entscheidend.

AM Worx unterstützt Sie mit umfassendem Know-how, modernster Messtechnik und langjähriger Erfahrung in der Maßhaltigkeit additiv gefertigter Teile. Wir helfen Ihnen, die optimalen Toleranzen für Ihre Anwendung zu definieren – damit Ihre 3D-Druckteile die gewünschte Präzision und Funktionalität erreichen.