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Wissen & FAQ - 01.07.2025
Welche Materialien lassen sich 3D-drucken?

Welche Materialien lassen sich 3D-drucken?

Die Materialvielfalt im 3D-Druck: Ein Schlüssel zur Innovation

 

Die Materialvielfalt im 3D-Druck ist inzwischen beeindruckend und bildet das Rückgrat der rasanten Entwicklung additiver Fertigungsverfahren. Längst sind es nicht mehr nur einfache Kunststoffe wie PLA oder ABS, die aus einem 3D-Drucker kommen. Immer häufiger finden technische Polymere, Metalle, Photopolymere, Keramiken und flexible Materialien ihren Weg in industrielle Anwendungen. In diesem Beitrag geben wir einen detaillierten Überblick über die wichtigsten Werkstoffgruppen, ihre spezifischen Eigenschaften und vielfältigen Einsatzmöglichkeiten. Darüber hinaus erklären wir, welche Verfahren mit welchen Materialien kompatibel sind und wo die jeweiligen Stärken und Herausforderungen liegen, um Ihnen die optimale Materialwahl für Ihre Anwendung zu ermöglichen.

Ein tieferer Einblick in die 3D-Druck-Materialien

Kunststoffe (Polymere)

 

Kunststoffe – genauer gesagt Thermoplaste – bilden immer noch die größte und am weitesten verbreitete Materialgruppe im 3D-Druck, insbesondere im FDM/FFF-Verfahren (Fused Deposition Modeling / Fused Filament Fabrication). Ihre Popularität verdanken sie ihrer Kosteneffizienz, Vielseitigkeit und relativ einfachen Verarbeitbarkeit.

  • PLA (Polylactide): Biologisch abbaubar, einfach zu drucken, geringer Verzug. Ideal für Prototypen und Hobbyanwendungen. Mechanisch weniger robust als andere Kunststoffe.
  • ABS (Acrylnitril-Butadien-Styrol): Höhere Schlagfestigkeit und Temperaturbeständigkeit als PLA, aber anfälliger für Verzug (Warping) und benötigt oft eine beheizte Bauplatte. Typisch für Funktionsprototypen und Endteile, die höhere mechanische Ansprüche haben.
  • PETG (Polyethylenterephthalat Glycol): Kombiniert die Druckfreundlichkeit von PLA mit der Robustheit von ABS. Gute Schichthaftung, hohe Zähigkeit und chemische Beständigkeit. Beliebt für mechanisch beanspruchte Teile und den Lebensmittelkontakt.
  • Nylon (Polyamide, z.B. PA6, PA12): Sehr hohe Zähigkeit, Abriebfestigkeit und chemische Beständigkeit. Anspruchsvoller im Druck (Feuchtigkeitsempfindlichkeit, Verzug), aber hervorragend für funktionale, belastbare Teile, z.B. Zahnräder oder Scharniere. Im SLS-Verfahren (Selective Laser Sintering) ist PA12 das Standardmaterial für hochfunktionale, seriennahe Kunststoffteile mit isotropen Eigenschaften.
  • TPU (Thermoplastisches Polyurethan): Flexibel, elastisch und abriebfest. Ideal für Dichtungen, Stoßdämpfer oder Griffe. Erfordert präzise Druckereinstellungen aufgrund seiner Flexibilität.

Darüber hinaus gewinnen Spezial- und Hochleistungspolymere zunehmend an Bedeutung für anspruchsvolle Industrieanwendungen, meist im Hochtemperatur-FDM oder SLS:

  • PEEK (Polyetheretherketon), PEKK (Polyetherketonketon) und ULTEM (Polyetherimid, z.B. PEI 9085): Diese Materialien bieten extrem hohe Temperaturbeständigkeit, hervorragende mechanische Festigkeit, chemische Resistenz und sind flammhemmend. Sie finden Einsatz in der Luft- und Raumfahrt (LEO-Anwendungen), Medizintechnik (biokompatible Implantate), sowie in der Automobil- und Öl- und Gasindustrie für hochbeanspruchte Komponenten. Ihre Verarbeitung erfordert spezielle Drucker mit sehr hohen Extrusions- und Bautemperaturen.

 

Harze (Photopolymere)

 

Photopolymere, auch als Resins oder Harze bekannt, werden hauptsächlich in flüssigkeitsbasierten 3D-Druckverfahren eingesetzt, allen voran SLA (Stereolithographie), DLP (Digital Light Processing) und LCD (Liquid Crystal Display) / MSLA (Masked Stereolithography). Diese Verfahren härten das Harz mittels UV-Licht selektiv aus.

  • Standardharze: Ermöglichen besonders glatte, hochdetaillierte Oberflächen und feine Strukturen. Sie sind ideal für ästhetische Prototypen, Modelle und Gussformen. Typischerweise spröde nach dem Aushärten.
  • Flexible/Elastische Harze: Besitzen gummiartige Eigenschaften, sind dehnbar und können Biegungen und Stöße absorbieren. Geeignet für Dichtungen, Griffe oder flexible Scharniere.
  • Tough/Durable Harze: Sind zäher und schlagfester als Standardharze, bieten eine bessere Bruchfestigkeit und sind für funktionale Prototypen oder Endteile mit mechanischer Beanspruchung geeignet.
  • Hochtemperaturharze: Können kurzzeitig oder dauerhaft hohen Temperaturen standhalten, ideal für Werkzeuge, Formen oder Testvorrichtungen in thermischen Umgebungen.
  • Biokompatible Harze: Zertifizierte Harze für medizinische Anwendungen, wie Zahnmodelle, chirurgische Schablonen oder Prothesen.
  • Gießbare Harze (Castable Resins): Hinterlassen nach dem Ausbrennen in einem Ofen minimale Ascherückstände, was sie ideal für den Präzisionsguss (z.B. von Schmuck oder Dentalteilen) macht.

Die Nachbearbeitung (Reinigen und Nachhärten) ist bei Harzen essenziell, um die endgültigen Materialeigenschaften zu erreichen.

 

Pulverbasierte Werkstoffe (Kunststoff und Metall)

 

Bei pulver-basierten 3D-Druckverfahren kommen feine, rieselfähige Pulver zum Einsatz, die schichtweise gesintert oder geschmolzen werden.

  • Kunststoffpulver (SLS): PA12 (Polyamid 12) ist hier das dominierende Material. Es bietet hervorragende mechanische Eigenschaften, hohe Schlagfestigkeit und chemische Beständigkeit. Teile aus PA12 sind poröser als Spritzgussteile, können aber durch Infiltration (z.B. mit Epoxidharz) verdichtet werden. SLS ermöglicht die Herstellung komplexer Geometrien ohne Stützstrukturen (das ungesinterte Pulver dient als Stütze), was zu einer hohen Designfreiheit und der Möglichkeit der Bauraumauslastung führt. Ideal für funktionale Prototypen, Kleinserien und komplexe Gitterstrukturen.
  • Metallpulver (SLM / DMLS): Im SLM (Selective Laser Melting) und DMLS (Direct Metal Laser Sintering)-Verfahren werden Metallpulver mittels Laser vollständig geschmolzen und verschweißt. Dies führt zu vollständig dichten Metallteilen mit Materialeigenschaften, die oft denen konventionell gefertigter Teile entsprechen oder diese sogar übertreffen können.
    • Aluminiumlegierungen (z.B. AlSi10Mg): Leicht, gute Wärmeleitfähigkeit, korrosionsbeständig. Einsatz in der Luftfahrt, Automobilindustrie für leichte Strukturteile, Wärmetauscher.
    • Edelstahl (z.B. 1.4404 / 316L, 17-4PH): Hohe Festigkeit, Korrosionsbeständigkeit, gute Biokompatibilität (316L). Einsatz in Medizintechnik, Werkzeugbau, chemischer Industrie.
    • Titanlegierungen (z.B. Ti6Al4V): Extrem hohes Verhältnis von Festigkeit zu Gewicht, hervorragende Biokompatibilität und Korrosionsbeständigkeit. Ideal für Luft- und Raumfahrt, Medizintechnik (Implantate) und Motorsport.
    • Nickel-Basis-Legierungen (z.B. Inconel 718, Hastelloy X): Exzellente Hochtemperaturfestigkeit, Korrosionsbeständigkeit und Kriechfestigkeit. Unverzichtbar für Anwendungen in Turbinen (Luft- und Raumfahrt, Energieerzeugung), Abgassystemen und im Öl- und Gasbereich.
    • Werkzeugstähle (z.B. Maraging Steel MS1): Ermöglichen die Herstellung von formgenauen Werkzeugen oder Formeinsätzen mit integrierten komplexen Kühlkanälen, was die Zykluszeiten im Spritzguss oder Druckguss signifikant reduzieren kann.

Die Herstellung von Metallteilen ist prozess- und kostenintensiver, bietet aber die Möglichkeit, hochleistungsfähige, komplexe Bauteile zu fertigen, die auf andere Weise kaum herstellbar wären.

 

Keramiken und Sonderwerkstoffe

 

Obwohl noch in der Nische, gewinnen Keramische Materialien zunehmend an Relevanz für spezifische, hochanspruchsvolle Anwendungen, meist über Binder Jetting, Stereolithographie mit Keramikslurry oder Materialextrusion von Keramikpasten.

  • Technische Keramiken (z.B. Zirkonoxid, Aluminiumoxid, Siliziumkarbid): Bieten extreme Härte, Temperaturbeständigkeit, chemische Inertheit und sind elektrisch isolierend. Einsatz in der Medizintechnik (Dental- und Knochenimplantate), chemischen Industrie, Luft- und Raumfahrt und als Katalysatorträger. Die Nachbearbeitung umfasst in der Regel einen Sinterprozess bei sehr hohen Temperaturen.
  • Kompositmaterialien: Dazu gehören Filamente, die mit Kohlenstofffasern, Glasfasern oder Metallpartikeln verstärkt sind. Diese Materialien verbessern die mechanischen Eigenschaften (Festigkeit, Steifigkeit), elektrische Leitfähigkeit oder Ästhetik der gedruckten Teile.
  • Biomaterialien: Im Bereich des Bioprinting werden zellhaltige Hydrogele oder biologisch abbaubare Polymere gedruckt, um Gewebe und Organe zu Forschungs- oder Transplantationszwecken herzustellen.
  • Sand / Gips (Binder Jetting): Primär für Sandformen im Gussverfahren oder für architektonische Modelle und Kunstobjekte. Kostengünstig für große Bauteile.

 

Fazit: Die Materialwahl als strategischer Erfolgsfaktor

 

Der 3D-Druck ist längst kein reines Kunststoffthema mehr, sondern hat sich zu einer vielseitigen Fertigungstechnologie entwickelt, die ein breites Spektrum an Werkstoffen abdeckt. Die Materialwahl ist der absolut entscheidende Faktor und muss von Anfang an präzise auf die gewünschte Funktion, die mechanischen Belastungen, die Umgebungsbedingungen (Temperatur, Chemikalien), die Lebensdauer und die Kosten eines Bauteils abgestimmt sein. Eine fundierte Entscheidung erfordert nicht nur Materialkenntnis, sondern auch ein tiefes Verständnis der jeweiligen 3D-Druckverfahren und deren Limitierungen.

AM Worx berät Sie dabei individuell und praxisnah, um die perfekte Material- und Verfahrenskombination für Ihre spezifische Anwendung zu finden. Wir helfen Ihnen, die Grenzen des Möglichen zu erweitern und innovative Produkte mit den optimalen Eigenschaften zu realisieren.